SZ: Ehingen will besser sein als Silicon Valley
Mit Vorträgen über die digitale Zukunft ist am Donnerstagabend das Innovation Lab im Businesspark Ehingen Donau (BED) eröffnet worden. Der Businesspark, der hier unter anderem mit der FreseniusDigitale Hochschule kooperiert, erhofft sich durch das Innovation Lab viele Start-up-Firmen, die sich in Ehingen digital befruchten können.
„Innovation“ steht in beleuchteten Buchstaben über dem Eingangsbereich des Innovation Labs im Ehinger Businesspark. Geht es nach den Betreibern des Businessparks, an dem die Stadt Ehingen 51 Prozent hält, könnte die Eingangstür auch das Tor zur Zukunft sein. „Wir wollen neue Unternehmen nach Ehingen holen und denken da speziell an Gründer“, sagt Professor Michael Gaßner als Geschäftsführer des Businessparks, der mittlerweile eine Belegungsquote von rund 80 Prozent – Tendenz steigend – hat. Um Gründer, neudeutsch Start-ups genannt, auch nach Ehingen holen zu können, setzt Gaßner auf mehrere Bausteine. „Wir haben hier eine besondere IT-Infrastruktur. Wir können unseren Mietern 1000 MBit pro Sekunde symmetrisch bieten“, sagt Gaßner. Normale Geschwindigkeiten liegen derzeit zwischen 50 und 100 MBit.
Doch nicht nur Gründer und damit neue Unternehmen möchte Gaßner mit dem Innovation Lab ansprechen. „Auch etablierte Unternehmen können Mitarbeiter zu uns schicken, um sie mal aus den gewohnten Strukturen zu holen. Diese können sich dann mit den Gründern austauschen und gegenseitig befruchten. So können wir junge und etablierte Unternehmen zusammenbringen.“
Vorurteilen begegnen
Und das, obwohl Gaßner, der diverse Start-ups bereits finanziert hat, genau weiß, dass solche neuen, jungen, hippen Unternehmen nicht überall gerne gesehen sind. „Kein Geld, betreuungsintensiv und risikobehaftet – das sind Vorurteile, die viele gegenüber Start-ups haben. Wir aber nicht. Wir wissen, dass in den Start-ups auch die Jobs entstehen, die in zehn Jahren wichtig sein könnten“, betont Gassner.
Kein Silicon Valley
Deswegen will der Businesspark in Ehingen nicht nur eine Gründeretage mit günstigen Büros (ab 149 Euro alles inklusive) schaffen, sondern den Menschen von außerhalb auch die Vorzüge der Stadt näherbringen. „Wir sind nicht Berlin, München oder New York. Und schon gar nicht Silicon Valley“, sagt Gaßner und gibt dann zu bedenken: „Der ländliche Raum ist für Gründer oft attraktiver als eine Metropole. Hier herrscht Offenheit, Toleranz, eine gemütliche Atmosphäre und ein leichtes Leben. Wir haben hier niedrige Mieten und kein Verkehrschaos, eine traumhafte Landschaft und alle Bildungs- und Betreuungsangebote, die man sich vorstellen kann.“
Das sieht auch Sebastian Heinz vom Institut für Innovations- und Kooperationsmanagement so, der als Gastredner mit einem Impulsvortrag in die digitale Welt einführte. „Ich komme direkt aus Bonn. Auf dem Weg habe ich einen Schäfer mit 250 Schafen gesehen, hier ist es schön“, sagte Heinz und unterstützte damit Gaßners Aussage, dass sich Start-ups hier wohlfühlen können. Heinz sieht das Innovation Lab als eine Brücke zwischen den etablierten Unternehmen und der digitalen Welt – und das „in einer perfekten Idylle“.
Fresenius im Boot
Diese Idylle nutzen seit geraumer Zeit auch die Mitarbeiter der Hochschule Fresenius, deren Dekan, Professor Peter Weber, am Donnerstag einen Vortrag über das digitale Lernen gehalten hat. „Die Geschäftsmodelle ändern sich auch im Bildungsbereich. Eine Vernetzung wird immer wichtiger, die Lernenden wollen immer flexibler sein“, betont Weber, der deutlich macht: „Die Art und Weise, wie wir Wissen dargeboten bekommen, wird sich drastisch ändern. Deswegen wird hier viel online laufen. Ich selbst bin quasi als Professor ein Avatar, der nur online, also digital, auftaucht. So sieht das Lernen der Zukunft aus.“ Fresenius hat mittlerweile sechs Prüfungsveranstaltungen für die Studierenden von Ulm in den Businesspark verlegt, Kooperationen im digitalen Bereich sollen vertieft werden.
Ehingens Oberbürgermeister Alexander Baumann sieht, mit der Stadt als 51-prozentige Eigentümerin, auch Kommunen in der Pflicht, neue Wege zu gehen. „Sicher müssen wir unsere klassischen Aufgaben wahrnehmen. Wir haben in Ehingen nun aber auch die Möglichkeit, eine Plattform zur Digitalisierung anzubieten. Wir Kommunen müssen auch Ermöglicher sein.“
Quelle
Schwäbische Zeitung Online, Tobias Götz vom 20.04.2018