Der BED trifft den Nerv der Zeit
Klare Worte vom China-Experten zu Chinas Wirtschaft und den Handelbeziehungen nach Deutschland
Beim 9. Ehinger Wirtschaftsforum im BED BusinessPark am 26. September 2023 drehte sich alles um das brisante Thema „Rivalität mit China“.
Oberbürgermeister Baumann begrüßte den renommierten Referenten des Tages, Prof. Dr. Heribert Dieter, der mit seinem Fachwissen und seinen Einblicken in die Welt der internationalen Wirtschaftsbeziehungen die Gäste fesselte.
Prof. Dieter, Professor an der Universität Potsdam und Wissenschaftler bei der Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) in Berlin, präsentierte den beeindruckenden Aufstieg Chinas in den letzten Jahrzehnten. Dabei wies er jedoch auch auf die Herausforderungen und Risiken hin, denen sich die chinesische Wirtschaft gegenübersieht.
Ein zentrales Problem, so Prof. Dieter, sei die extreme Verschuldung des chinesischen Staates. Diese sei das Ergebnis einer künstlichen Aufblähung von Investitionen in die Infrastruktur, um Arbeitsplätze zu schaffen. Das Geld stamme größtenteils von den eigenen Bürgern, die aufgrund von Kapitalverkehrskontrollen in China daran gehindert wurden, Geld im Ausland anzulegen. Dies führte zu einer massiven Investition in Immobilien und einer Immobilienblase, die nun zu einem Preisverfall führt. Diese Entwicklung hat Auswirkungen auf die Nachfrage, auch nach deutschen Produkten.
Demographische Effekte verschärfen die Lage zusätzlich, da die Bevölkerungszahl in China in den kommenden Jahrzehnten drastisch zurückgehen wird, was die Nachfrage weiter schwächen wird. Trotz des beeindruckenden Wohlstandswachstums der vergangenen Jahre hat China immer noch einen erheblichen Rückstand in Spitzentechnologien im Vergleich zu den USA und Deutschland.
Die Situation, in der China sowohl als „Fabrik der Welt“ als auch als bedeutender Abnehmer für die deutsche Wirtschaft fungierte, schwächt sich ab. Die Investitionen deutscher Unternehmen in China sind oft auf wenige große Unternehmen wie VW und BASF beschränkt, und neues Kapital fließt kaum aus Deutschland nach China.
Die Eingangs gestellte Frage, wie man aus diesem Dilemma herauskommt, dass China einerseits „systemischer Rivale“ sei und wirtschaftliche Abhängigkeiten auch politisch nutze, andererseits aber für die eigene Wertschöpfung und als Absatzmarkt hohe Wichtigkeit habe wurde intensiv diskutiert. Prof. Dieter schlug vor, gemeinsam mit den USA sicherzustellen, dass China bei Schlüsseltechnologien nicht weiter aufholt. Der Export von Technologien im Halbleiterbereich sollte beschränkt werden, um die eigene Sicherheit zu gewährleisten. In anderen Bereichen sieht er einen starken Handel mit China als unproblematisch an.
Es sei auch wichtig, Ländern in Afrika und Asien Alternativen zu bieten, um Chinas wachsenden Einfluss zu begrenzen. Hier sollte die europäische Politik aufhören, diese Länder „oberlehrerhaft“ zu behandeln, denn die europäische Sicht auf Umwelt, Moral und Menschenrechte und die entsprechende Gesetzgebung wirke sich nachteilig auf die Wirtschaft der ärmeren Länder aus und werde dort als Arroganz und Einmischung empfunden. Der Ansatz von China sei hier viel pragmatischer, darin liege deren Vorteil.
Die lebhafte Diskussion nach dem Vortrag verdeutlichte, dass das Thema hochaktuell und komplex ist. Einigkeit bestand darin, dass China das technologische Niveau des Westens vorerst nicht erreichen wird. Gleichzeitig wurden große Risiken in einer möglichen aggressiven Außenpolitik Chinas gesehen, insbesondere in Bezug auf Taiwan. Dies stellt sowohl eine sicherheitspolitische als auch wirtschaftliche Bedrohung dar.
Wir danken Prof. Dieter herzlich für seinen aufschlussreichen Vortrag und die anregende Diskussion. Das 9. Ehinger Wirtschaftsforum hat gezeigt, wie wichtig es ist, sich intensiv mit den Entwicklungen in China auseinanderzusetzen und nach Lösungen zu suchen, um die eigene Wirtschaft und Stabilität in der Welt zu schützen.
Auch die Schwäbischen Zeitung berichtet über das Wirtschaftsforum. Zum Artikel